Auto ade - oder der Kontakt mit der Kelle

 

Nur selten sehe ich einen jener Männer, die von Auto zu Auto ziehen und mit geschulten Handgriffen gekonnt kleine feste Pappkärtchen an Autospiegel, Fensterscheiben und Türgriffe stecken. Auf allen der gleiche Tenor: Sie wollen mein Auto kaufen!
Wenn ich all diese Zettel gesammelt hätte, könnte ich mein Auto in der Zwischenzeit damit tapezieren. 

 

Vielleicht klebe ich mal ein Schild an mein Auto: Werbung anbringen verboten.
Aber diese „Käufer“ sind ja auch nicht wählerisch. Ob Schrottkarre oder Luxuslimousine, ob nagelneu oder dem Untergang geweiht. Sie wollen echt alles kaufen!

Na wie auch immer. Es gab mal eine Zeit, da war mir eigentlich egal, welches Auto ich fuhr, Hauptsache es fuhr überhaupt und ließ sich mit meinem mageren Geldbeutel vereinbaren. Eine Steigerung in Qualität und Schönheit stellte sich erst später ein.

 

Doch als sich so eine Möglichkeit bot, weil der Freund meiner Freundin seinen "süßen" (so reden nur Frauen) rassig schwarzen Lupo verkaufen wollte, da muuuussstttteeeee ich einfach zuschlagen und mich somit von meinem hässlichen, aber verlässlichen Opel Corsa trennen.

Doch was sollte ich schon noch bekommen für ein Auto, dessen Lackierung sich im Laufe der Jahre von metallic-flieder in schweinchenrosa verwandelte und somit seine Tarnung eines „unfallfreien Autos“ (so hatte ich es gekauft), aufgeben musste.


Es war wahrlich nicht schön, aber es war treu.

Verschenken wollte ich ihn nicht und so fand ich einen Preis mit 450 Euro völlig OK.
Der Corsa wurde also mit leuchtend roten Schildern geschmückt, einem netten Text versehen und zusätzlich im Internet angeboten.

Um 6:15 Uhr klingelte am nächsten Tag das Telefon- also zu einer Zeit, zu der noch nicht mal mein Wecker sein Anliegen vorbrachte, mich zum Aufstehen zu bewegen.
Damals noch im Hochbett nächtigend, hetzte ich in einstudiertem Leiterabstieg, völlig im Jumm zum Telefon, um den Satz zu hören: „Ist Auto noch da und was ist letzter Preis?“
Hä? Wa? Was?
Irgendwie hatte ich es fertig gebracht in ganzen Sätzen zu sprechen und mir nach diesem Telefonat vorgenommen, es zukünftig erst nach dem ersten Morgenkaffee auf laut zu stellen.

Solche Anrufe kamen dann noch einige rein und der Griff zum Telefon war bereits im Vorfeld damit verbunden in eine gewisse Abwehrhaltung zu gehen.
Irgendwann bat ein Kaufwilliger um eine Probefahrt, machte mein treues Vehikel jedoch so schlecht, dass ich ihn am liebsten schon während der Fahrt heraus gebeten hätte.
Klar, er wollte den Preis drücken- aber neeee auf 150 Euro!!! – das war ein wahrhaft „unmoralisches“ Angebot!! Lieber hätte ich meine treue „rosarote Hässlichkeit“ eigenhändig in die ewigen Schrottjagdgründe befördert, als es ihm zu geben.

 

So vergingen einige Tage, bis ich wieder einmal als fahrendes Werbeplakat zur Arbeit tuckern wollte. Ein Polizeiauto hatte sich so „behindert“ auf die zweite Spur gestellt, dass ich nur knappkantig daran vorbei kam. Plötzlich fuhr es auch los und mir hinterher. Selbst durch die schmalen Sträßchen ließ es sich nicht abhängen und einfach mal aufs Gas drücken, war mit der Polizei im Rücken auch nicht sinnvoll. Ich beschloss ignorierend in die „ich sehe es nicht Haltung“ überzugehen.
Kurz nachdem dann die nächste Ampel auf grün umschaltete, überholte es mich und winkte mit der Kelle.
NEEEE- jetzt nicht noch irgendwie Stress bekommen!


Der Polizist stieg aus, bat mich mit ernster Miene die Scheibe herunter zu lassen und fragte mich, ob ich nicht die leuchtende Schrift auf seinem Auto gesehen hätte: „BITTE ANHALTEN“.
"Nö- hab ja nicht auf Sie geachtet".
Im Anschluss wollte er meine Fahrzeugpapiere sehen. Oh – bitte jetzt nicht auch noch irgendeinen Mangel an meinem Auto feststellen, sandte ich ein Stoßgebet zum Autogott.

Er stellte dann noch einige Fragen, bis ich mich von der anfänglichen Irritation des in die Staatsmacht gehüllten Uniformierten erholte und etwas keck fragte, wieso er mir all diese Fragen stellen würde, ob er es kaufen wolle.
Tja und was soll ich sagen? Er sagte ja, er hätte Interesse- ....für seinen Sohn!!!.
Hätte er mir das nicht einfach mal sagen können?????

Scheinbar wollten sie  (sein Kollege und er) sich genau in dem Moment mein Auto ansehen, als ich losfuhr und daher die von mir ignorierte Verfolgung.
Mit einem Schmunzeln nahm ich zur Kenntnis, dass sein Eindruck über meine adrette äußere Erscheinung (ich pflegte nicht in Jogginghosen im Büro zu erscheinen), darauf schließen konnte, dass das Auto sicher auch so gepflegt sei.
War es auch- es war noch nie so schön, wie zum Zeitpunkt des Verkaufes, bei dem es sogar eine Motorwäsche spendiert bekam.

 

Eigentlich war es stets ein Gebrauchsgegenstand, der „Asche auf mein Haupt“, eher durch den Dreck zusammen gehalten wurde, jedenfalls was sein metallenes Innenleben anging.
Wäre ich mein Auto gewesen, wäre eine Körperlotion niemals bis zu meiner Haut vorgedrungen! Jaja, so ist das mit dem ersten Eindruck- er KANN täuschen :)
Aber seis drum, er kaufte es – OHNE zu handeln und so trennten sich unsere Wege mit einem recht gutem Gefühl und einer coolen Abschiedsgeschichte.

 

  

 

Autorin: © Elke Paland   Foto: © Elke Paland

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